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(c) AGZ e.V. 2001-2011 DL: HamRadio 2day 362-2011
30. Januar 2011
Redakteur und Autor:
Ralph, DC5JQ
SELBSTJUSTIZ IN OBERBAYERN?
JAGD AUF MUTMASSLICHEN RELAISSTOERER
(rps) FM - dem Funkmagazin - entnehmen wir die folgende
Meldung:
"Funkamateure haben am 18. Januar 2011 im oberbayerischen
Germering eine 'koordinierte Fuchsjagd' auf einen
mutmasslichen Stoerer des Zugspitzrelais DB0ZU
veranstaltet. Das geht aus einer 'Eilmeldung' hervor, die
der Verantwortliche des Zugspitzrelais, Peter Baier,
DJ3YB, im 'Oberbayern-Rundspruch' veroeffentlicht hat.
Der Meldung zufolge haben die Teilnehmer dieser
'Fuchsjagd' auch eine Person ausfindig gemacht, von der
sie sich sicher sind, dass es sich um den gesuchten
Relaisstoerer handelt. Diese Aktion - so heisst es in der
Rundspruch-Meldung - zeige deutlich, dass 'konzertierte
Aktionen von engagierten und fuchsjagderfahrenen OM
letztendlich dazu fuehren, (...) dass sich kein
Relaisstoerer mehr sicher fuehlen kann'."
Die vollstaendige Meldung ist im "Oberbayern-Rundspruch" Nr.
3/2011 zu finden, und zwar im Internet-Auftritt des DARC-
Distriktes Oberbayern unter der Navigation DL0BS und im Packet-
Radio-Netz.
http://www.funkmagazin.de/250111.htm
KOMMENTAR
(rps) Gleich vorweg: Stoerungen von Relaisfunkstellen sind
durch das Gesetz verboten. Vorsaetzlich begangen sind sie
zudem gegen die Gemeinschaft gerichtet und aus Sicht der AGZ
deshalb im klassischen Wortsinn asozial. Es ist dabei egal, ob
sie durch einen Funkamateur oder durch eine Person ohne
Amateurfunkgenehmigung verursacht werden. Der berichtete
Vorgang im oberbayerischen Germering ist dennoch nicht zu
bejubeln oder gar zu feiern, wie dies die dortige
Rundspruchredaktion tut. Hier werden naemlich die
Grundprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung,
vor allem die Grundrechte und die Menschenwuerde, regelrecht
mit Fuessen getreten.
Es faengt damit an, dass eine Gruppe in einem Verein
organisierter Privatleute hoheitliche und gesetzliche Aufgaben
der Bundesnetzagentur erledigt. Amtsanmassung? Peilen und
herausfinden, von wo Aussendungen herruehren und wer der
Verursacher ist, das darf doch jeder, werden Sie, lieber Leser
oder Hoerer, jetzt bestimmt einwenden. Vielleicht - oder auch
eher nicht, denn es gibt ein in genau diese Richtung gehendes
Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz des
Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung und des damit
verbundenen Anspruchs des Buergers, in Ruhe gelassen zu
werden.
Die Akteure beschraenkten sich jedoch nicht allein aufs
peilen: Sie spuerten am Ende eine Person auf, sie betraten
deren Wohnung und sie stellten sie zur Rede. Dazu der
Oberbayernrundspruch: Die Peilungen "fuehrten das Team in die
oberste Etage eines zweistoeckigen Wohnblocks", wo man einen
Rentner vorfand, der "keine Amateurfunklizenz hat und einen 2-
m-Amateurfunktransceiver betreibt, welcher auf die Frequenz
von DB0ZU eingestellt war". Man machte dem "verbluefften
Stoerer" klar, dass er bei der "erdrueckenden Beweislage" im
Wiederholungsfall mit einer Anzeige zu rechnen hat.
In der Tat: Das waren keine Ermittlungen und auch keine
Hoheitsmassnahmen der Bundesnetzagentur. Es waren so genannte
"erfahrene Grossraumfuchsjaeger", die sich zu einer gruendlich
vorbereiteten "koordinierten Fuchsjagd" trafen, in eine
Wohnung vordrangen, laut Rundspruchtext Begriffe wie "Tat",
"erdrueckende Beweislage" und "gefasst" in den Mund nahmen und
schliesslich sogar mit Anzeige drohten, falls der Rentner
nicht das tut, was sie von ihm verlangten. Laut Grundgesetz
gilt jeder solange als unschuldig, bis seine Schuld durch ein
ordentliches Gericht rechtskraeftig festgestellt wird. In
Germering jedoch definierte nicht etwa ein Gericht, sondern
Funkamateure eine vermeintliche Tat als "erdrueckend bewiesen"
- einfach so.
Es geht aber noch weiter: Einer der laut Oberbayernrundspruch
beteiligten Funkamateure heisst Peter und hat das Rufzeichen
DK8TG. Nach Recherche der Redaktion handelt es sich dabei um
einen Mitarbeiter des Pruef- und Messdienstes der
Bundesnetzagentur. Egal, wie sich das Geschehen darstellt, ob
als Aktion von Privatleuten unter Beteiligung eines
Mitarbeiters einer Ordnungsbehoerde mit Verfolgungsaufgaben,
oder als hoheitliche Aktion der Bundesnetzagentur unter
Beteiligung von privaten Vereinsmitgliedern, in jedem Fall ist
diese Vermischung von staatlichen Aufgaben mit privaten
Interessen unter beliebiger Umgehung der Schutzrechte eines
Betroffenen nicht rechtsstaatlich und geeignet, konkret
Betroffene einzuschuechtern und in Unsicherheit, Angst und
Schrecken zu versetzen sowie deren Menschenwuerde zu
verletzen. Der Betroffene wird im Ergebnis zum Objekt einer
Jagd gemacht. Es ist unverantwortlich, ein solches Vorgehen
durch Vereinsmitglieder zu bejubeln und sogar noch fuer die
Zukunft etablieren zu wollen.
Der Zweck heiligt hier keinesfalls die Mittel: Die Verfolgung
und Aufklaerung von Verstoessen gegen das
Telekommunikationsrecht ist ausschliesslich und allein die
Aufgabe der Bundesnetzagentur - also allein die Aufgabe des
Staates. Jedwede Ambition privater Vereine, hier ebenfalls -
zum Beispiel unter dem Deckmantel einer so genannten
"Peilgruppe" - taetig zu werden, ist nicht nur
rechtsstaatswidrig; es schadet darueber hinaus dem Ansehen des
unabhaengigen Amateurfunkdienstes und auch dem Ansehen des
Staates selbst, der sich seiner hoheitlichen Aufgaben nicht
entledigen, sie anderen nicht ueberlassen und dies auch nicht
durch Wegsehen hinnehmen darf. Private Frequenzpolizeien,
Buergerwehren und Blockwarte zur organisierten Durchsetzung
subjektiver Interessen muessen endgueltig und kategorisch der
geschichtlichen Vergangenheit Deutschlands angehoeren. So
schwer das manchem Funktionaer auch fallen mag: Ein Verein ist
keine Hilfstruppe des Staates.
Ralph, DC5JQ
WATTWAECHTER-SITZUNG IN KARLSRUHE
(rps) In unserer letzten Ausgabe berichteten wir ueber den
Versuch des Vorsitzenden des "Runden Tisches Amateurfunk" Dr.
Christof Rohner, DL7TZ, die weitere Diskussion um die
Entwicklung der Software "Wattwaechter" zur Berechnung und
Anzeige von Sicherheitsabstaenden von Amateurfunkstellen
gemaess BEMFV in das Internum des DARC zu lenken - und damit
andere Vereine wie zum Beispiel die AGZ auszugrenzen. Dieses
Ansinnen ist nun gescheitert. Auf Einladung von Prof. Werner
Wiesbeck findet die naechste Sitzung wie geplant Mitte Februar
am Karlsruher Institut fuer Technologie (KIT) statt.
EIN UMFASSENDES STRAHLENKATASTER
(rps) fuer elektromagnetische Immissionen will die
Bundesnetzagentur offenbar auf die Beine stellen. "FM - Das
Funkmagazin" berichtet diese Woche ueber die Plaene der
Behoerde, ihre bereits seit vielen Jahren existierende EMF-
Datenbank im Internet deutlich auszubauen. Diese Datenbank
enthaelt Standorte und Sicherheitsabstaende von nahezu allen
ortsfesten nichtprivaten Funkstellen in ganz Deutschland, die
jedermann einsehen kann. Der Amateurfunk faellt mangels
Gesetzesgrundlage bislang nicht darunter. Hier der relevante
Auszug aus dem Vorhabenplan 2011 der Behoerde:
"In einem weiteren Schritt soll nun die EMF-Datenbank so
angepasst werden, dass Messergebnisse ueber den gesamten
Messbereich von 9 kHz bis 3 GHz frequenzanteilig
dargestellt werden koennen. Damit wird es zukuenftig fuer
den Buerger leichter moeglich sein, sich mit Hilfe der EMF-
Datenbank einen Ueberblick ueber die Zusammensetzung der
oertlichen Immissionen von Funkanlagen zu verschaffen. In
2011 soll damit die EMF-Datenbank die Anforderungen der
INSPIRE-Richtlinie (Infrastructure for Spatial Information
in Europe) vollstaendig erfuellen."
Bei INSPIRE handelt es sich um eine Richtlinie der
Europaeischen Union vom Maerz 2007, die eigentlich bereits bis
Mai 2009 von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht
umgesetzt werden musste. Eines ihrer Ziele ist die Schaffung
einer flaechendeckenden Datenbank mit Geo- und Umweltdaten,
die die Gesundheit und Sicherheit der Buerger beeintraechtigen
koennen. Hierzu zaehlen auch elektromagnetische Felder bzw.
Immissionen von Sendern aller Art.
An dieser Stelle muessen die Funkamateure wohl ziemlich
wachsam sein, um nicht ebenfalls mit den persoenlichen und
privaten Daten ihrer Funkstellen in einem solchen Kataster
fuer alle sichtbar zu landen. Das Bundesimmissionsschutzgesetz
wurde ja bereits schon auf private Senderbetreiber erweitert.
Eine Software, die einen solchen Ablauf automatisiert und auf
einem geeigneten Server Daten sammelt und zusammenfuehrt,
koennte der erste Schritt im Amateurfunk sein. Bei
"Wattwaechter" ist also in der Tat Wachsamkeit angesagt, wie
der Name schon sagt. Den Vorhabenplan 2011 der
Bundesnetzagentur finden Sie leider nur in deren Amtsblatt Nr.
24/2010, das nicht zum Beispiel via Internet frei zugaenglich
ist und das nur kostenpflichtig bezogen werden kann.
http://emf2.bundesnetzagentur.de/karte.html
http://eur-
lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2007:108:0001:
0014:DE:PDF
http://europa.eu/legislation_summaries/environment/general_pro
visions/l28195_de.htm
Vy 73,
Ralph, DC5JQ
Das war die heutige Folge von HamRadio 2day, die Sie in Packet-
Radio unter der Rubrik
AGZ
sowie auf unserer Internet-Website
www.agz-ev.de
nachlesen und auch in Digital Audio im MP3- und AAC-Format
hoeren koennen. Machen Sie's gut. Bis zur naechsten Ausgabe.
--
Quelle: Arbeitsgemeinschaft Zukunft Amateurfunkdienst e.V.
* Mit freundlicher Genehmigung der AGZ ins Packet-Radio uebernommen *
73 de Hans!
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