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(c) AGZ e.V. 2001-2011 DL: HamRadio 2day 376-2011
28. August 2011
Autor und Redakteur
Ralph, DC5JQ
Willkommen zur ersten Ausgabe von HamRadio 2day nach der
Sommerpause.
GEBURTSTAG
(rps) hatte die AGZ vor zwei Wochen: Vor fuenfzehn Jahren - am
10. August 1996 - versammelten sich elf Personen in einer
Solinger Gaststaette, um die Konsequenzen aus dem Verbot der
urspruenglichen AGZ als Arbeitsgruppe des DARC-Distrikts
Nordrhein durch dessen Vorstand zu ziehen: Sie gruendeten die
AGZ einfach als eigenstaendigen und gemeinnuetzigen
eingetragenen Verein - und machten weiter. Die AGZ wollte
interessierten Funkamateuren bundesweit die Moeglichkeit
geben, in einem kleinen flexiblen Club Konzepte zur
Zukunftssicherung des Amateurfunkdienstes zu erarbeiten und
eine andere Art von Interessenvertretung zu machen. Die
demotivierenden Nachteile einer traegen mehrfach-
hierarchischen Entscheidungsstruktur gibt es bei uns naemlich
nicht.
Neues Denken war Mitte der Neunziger Jahre wirklich dringend
noetig: Ueberalterung, Festhalten an der
Morsetelegrafiepruefung, undemokratische Fuehrungsstrukturen
und rueckwaerts gewandtes Auftreten der Amtstraeger liess
viele OM und YLs naemlich bereits damals an Deutschlands
groesstem Amateurfunkverein zweifeln. Die Geschichte der AGZ
und das Gruendungsprotokoll koennen Sie auf unserer Website
nachlesen. Am 10. August 1996 jedenfalls wurde der allererste
Vorstand wie folgt gewaehlt: Wolfgang van Gels, DL5EDA,
Vorsitzender, Till Uhde, DL9JT, Geschaeftsfuehrer und
stellvertretender Vorsitzender sowie Claudia Schorn,
Finanzverwalterin.
http://www.agz-ev.de/agzev/
ZOLL UNTERBINDET AMATEURFUNK-EINKAUF IM AUSLAND
(rps) Anfang August ging es durch diverse Amateurfunkmedien
und Foren: Ein deutscher Funkamateur hatte per Internet in
einem Webshop in Hongkong ein Amateurfunkgeraet vom Typ UV-3R
der Firma Baofeng bestellt. Der Duobander fuer 144 und 430 MHz
kostet zurzeit dort attraktive 33 US-Dollar, waehrend dasselbe
Geraet von einem deutschen Amateurfunkhaendler fuer 79 Euro zu
haben ist, wohl mit Zubehoer. So etwas kann sich also trotz
moeglicher Abgaben in Deutschland durchaus lohnen, allerdings
kann man sich auf diese Weise natuerlich Schwierigkeiten mit
Garantie und Service einhandeln - eine klassische Abwaegung
also. Wo das Problem ist? Nun, der deutsche Zoll verweigerte
dem Besteller die Herausgabe mit der Begruendung, das
Funkgeraet habe kein CE-Zeichen und die Bedienungsanleitung
liege nicht in deutscher Sprache vor. Die daraufhin
eingeschaltete Aussenstelle Reutlingen der Bundesnetzagentur
stuetzte die Entscheidung des Zolls und bezeichnete den
Funkamateur auch noch als Importeur und Inverkehrbringer im
Sinne des FTEG.
Bevor wir uns der trivialen Frage widmen, ob das Geraet
wirklich kein CE-Zeichen hat - meist findet man das, wenn man
den Akku herausnimmt -, wollen wir etwas fundamentaler
ansetzen. Unzweifelhaft ist das Baofeng UV-3R eine Funkanlage
im Sinne des hier heranzuziehenden Gesetzes ueber Funkanlagen
und Telekommunikationsendeinrichtungen (FTEG), und zwar ist es
genauer eine Funkanlage, die von Funkamateuren im Sinne des
Amateurfunkgesetzes verwendet wird. Paragraf 1 Absatz 3 FTEG
nimmt solche Geraete vollstaendig von der Gesetzesgeltung fuer
den Fall aus, dass sie nicht im Handel erhaeltlich sind.
Welcher Handel ist hier konkret gemeint? Dies ist nicht naeher
spezifiziert, aus der Gesetzessystematik abgeleitet kann dies
aber nur der deutsche Handel und allenfalls noch der
europaeische sein, der Handel in Hongkong jedoch mit
Sicherheit nicht, denn den kann eine EU-Richtlinie wohl kaum
regulieren.
Nimmt man nun noch hinzu, dass das FTEG fuer jedes einzelne
Geraet bzw. Exemplar gilt - und nicht etwa integral fuer ganze
Serien oder Typen, dann haben wir die klare Sachlage, dass
dasjenige individuelle Baofeng-Geraet, welches der Funkamateur
in Hongkong gekauft und anschliessend importiert hat, zu
keinem Zeitpunkt in Europa im Handel gewesen ist. Auch der
Begriff des Inverkehrbringens passt hier in keiner Weise: Denn
ein Privatmann, der nicht beabsichtigt, das ausschliesslich
fuer Zwecke des eigenen Gebrauchs eingefuehrte Geraet im
europaeischen Handel weiter zu verkaufen, der bringt nichts in
irgendeinen wie auch immer gestalteten "Verkehr".
In Folge sind in Sicht der AGZ die Bestimmungen des FTEG auf
den in Hongkong gekauften Baofeng-Duobander - und natuerlich
auf anderes im Nicht-EU-Ausland gekauftes Amateurfunk-
Equipment - in Gaenze nicht anwendbar - mit der Konsequenz,
dass das Verwaltungshandeln von Bundesnetzagentur und Zoll in
Reutlingen wohl mit dem geltenden Recht nicht so ganz
vereinbar war. Es waere in diesem Zusammenhang sogar
vollkommen egal, ob der Transceiver zum Zeitpunkt des Imports
europaeisch harmonisierte Normen ueberhaupt einhaelt: Das
Amateurfunkrecht regelt diese Angelegenheit naemlich
eigenstaendig und abschliessend fuer den Funkbetrieb selbst -
und fuer die Einhaltung dieser Bestimmungen ist der
Senderbetreiber selbst verantwortlich: Auf ein CE-Zeichen
kommt es also letztlich im Amateurfunk gar nicht an.
Der betroffene Funkamateur hat sich am Ende mit der
Zurueckweisung seines Geraets durch die Zollbehoerde
einverstanden erklaert. Deshalb kann es eine gerichtliche
Klaerung des Sachverhalts in diesem Fall nicht mehr geben.
KOMMENTAR: EXPERIMENTELLE BLOCKADE
(rps) Oder: verhindern Netzagentur und Zoll den
wissenschaftlichen Fortschritt? Stellen Sie sich einmal vor,
der gerade berichtete Vorgang betraefe nicht etwa ein billiges
chinesisches Handfunkgeraet, das man auch etwas teurer bei
deutschen Haendlern kaufen kann, sondern hochwertige und
innovative Elektronik, die es momentan auf dem europaeischen
Markt nicht zu kaufen gibt. Man ist auf den Kauf in den USA
oder in Japan angewiesen, um die gewuenschten experimentellen
Untersuchungen anstellen zu koennen. In dieser Situation ist
es geradezu Standard, dass die Beschreibung nur in englischer
Sprache vorliegt und dass es noch keine Zertifizierung fuer
Europa gibt. Es waere geradezu grotesk und kaeme einer Art von
Hardware-Zensur gleich, die rein private Einfuhr
staatlicherseits mit den dargelegten Gruenden zu untersagen.
FTEG und EMVG haben naemlich das erklaerte Gesetzesziel, einen
offenen wettbewerbsorientierten Warenverkehr im europaeischen
Binnenmarkt zu ermoeglichen, sie zielen also auf
Breitenwirkung und den Massenmarkt. Damit unvereinbar ist die
Einschraenkung von Artikel 5 des Grundgesetzes, was die
Freiheit von Forschung und Wissenschaft anbelangt. Und genau
das ist ein wesentliches Gesetzesziel des Amateurfunkdienstes.
Er lebt vom freien Experiment und kann sich letztendlich nur
so existenziell definieren und von anderen Elektroniknutzern
abgrenzen. Das war der Hintergrund, warum die
Interessenvertretungen der Funkamateure bei der Schaffung der
europaeischen R&TTE- und EMV-Richtlinien sich gegen
ausnahmslos jede Einschraenkung der Experimentierfreiheit
gewandt haben. Wir wollen nicht, dass eine deutsche
Fehlinterpretation dieser Gesetze nun genau dazu mutiert.
Hoffentlich lassen sich durch den Vorgang nicht zu viele
Funkamateure davon abschrecken, im nichteuropaeischen Ausland
einzukaufen. War das etwa das tatsaechliche Ziel?
Ralph, DC5JQ
NACHLESE: OETZI-EVENT AN ROEMISCHEM MINISTERIUM GESCHEITERT
(rps) Wir berichteten am 17. Juli: Eine Gruppe suedtiroler
Funkamateure wollte im August aus Anlass des zwanzigsten
Jahrestages des Fundes der Mumie Oetzi in 3210 Metern Hoehe
ueber dem Meeresspiegel auf dem Similaun mit einem
Sonderrufzeichen auf dem Vierzigmeterband dort Funkbetrieb
machen: II3OTZI wurde beantragt, vollkommen konform zur 2003
entsprechend geaenderten VO-Funk. Daraus wurde nichts. Das
zustaendige Ministerium in Rom hat trotz monatelanger
Bemuehungen nicht einmal reagiert. Hier das Originalzitat des
Vorsitzenden des Dolomites Radio Club, Kurt Zwerger, IN3DOV:
"Wir entschuldigen uns bei allen, die diese Aktion
mitverfolgt haben, dass wir das Event nicht so durchziehen
koennen, wie es urspruenglich geplant. Wir haben mehrfach
in Rom angerufen und im Ministerium ueber Wochen niemanden
gefunden. Das Telefonat landete immer wieder im
Callcenter, die auch keine Infos dazu ausgeben konnten. Es
ist wirklich eine Schande, mir fehlen die Worte."
Kommentar ueberfluessig. Das ueber andere Quellen gehoerte
Argument, so etwas habe mit Amateurfunk nichts zu tun, ist
wirklich scheinheilig, ansonsten gaebe es naemlich fast
ueberhaupt keine Sonderrufzeichen mehr. Offensichtlich hat Rom
glatt uebersehen, dass ein solcher Event die Region Suedtirol
durchaus zum Beispiel in touristischer und alpinistischer
Hinsicht weiter bekannt machen kann, und das kaeme in der
gegenwaertigen wirtschaftlichen Situation Italiens doch ganz
bestimmt nicht schlecht.
ZEITPLAN NEUES AMATEURFUNKGESETZ
(rps) Ein vollstaendig neues Amateurfunkgesetz zu schaffen,
das ist in Bonn und Berlin beschlossene Sache - wir
berichteten bereits mehrfach. Nun wird der Fahrplan konkreter:
Mitte September trifft sich eine gemeinsame Arbeitsgruppe des
Bundesministeriums fuer Wirtschaft und Technologie und der
Bundesnetzagentur, um einen ersten Referentenentwurf
abzustimmen. Er soll Ende September zur Stellungnahme an die
Interessenvertretungen gehen und auch veroeffentlicht werden.
Dann faengt die politische Diskussion an, die sich durchaus
ein Jahr hinziehen kann, abhaengig davon, wie viel im
Gesetzesentwurf strittig sein wird. Schwerpunkt und
Begruendung der Gesetzesaenderung ist angeblich die Erzielung
einer bislang nicht vorhandenen Kostendeckung bei der
Verwaltung und Ueberwachung des Amateurfunkdienstes. Wir
bleiben dran.
Vy 73,
Ralph, DC5JQ
Das war die heutige Folge von HamRadio 2day, die Sie in Packet-
Radio unter der Rubrik
AGZ
sowie auf unserer Internet-Website
www.agz-ev.de
nachlesen und auch in Digital Audio im MP3- und AAC-Format
hoeren koennen. Machen Sie's gut. Bis zur naechsten Ausgabe.
--
Quelle: Arbeitsgemeinschaft Zukunft Amateurfunkdienst e.V.
* Mit freundlicher Genehmigung der AGZ ins Packet-Radio uebernommen *
73 de Hans!
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